Der Nachlass von Hans Baumann wurde von 2015 bis 2017 mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft in der Internationalen Jugendbibliothek erschlossen und in Kalliope katalogisiert.
Der Nachlass wurde der Stiftung Internationale Jugendbibliothek im Jahr 2011 von Baumanns Tochter als Schenkung vermacht.
Hans Baumann (1914-1988) war einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autoren und Komponisten von Liedern und Bühnenstücken der NS-Zeit sowie ein erfolgreicher Autor von Kinder- und Jugendbücher der westdeutschen Nachkriegszeit. Einige seiner Lieder wie „Es geht eine helle Flöte“ oder „Hohe Nacht der klaren Sterne“ wurden auch nach 1945 noch lange gedruckt und gesungen.
Trotz seiner exponierten Stellung während des nationalsozialistischen Regimes gelang Hans Baumann nach 1945 eine neue Karriere als Autor von Kinder- und Jugendbüchern: Er verfasste dreizehn historische Abenteuerromane und Sachbücher für Jugendliche, eine Reihe kürzerer Erzählungen für jüngere Kinder und zahlreiche Bilderbuchtexte. Hinzu kamen Anthologien mit Kindergedichten und -liedern, Kindertheaterstücke sowie Nacherzählungen von Heldensagen, Fabeln und Märchen. Daneben veröffentlichte er Gedicht- und Liedersammlungen für Erwachsene und versuchte in den Jahren nach 1945 wieder als Dramatiker Fuß zu fassen. Besonders bekannt wurde sein abenteuerlicher Jugendroman über die Entdeckung der Höhlenmalereien von Lascaux, „Die Höhlen der großen Jäger“.
Ein Schwerpunkt seines Werks lag auf den Übersetzungen vorwiegend russischer Autoren: Baumann übersetzte Kinder- und Jugendbücher von Jurij Korinec, Jurij Koval, Sergej Michalkov, Samuil Maršak u.a., aber auch Lyrik von Anna Achmatova, Erzählungen und „Fibelgeschichten“ von Lev Tolstoj, Fabeln von Ivan Krylov und eine große Zahl europäischer Volkslieder. Eine von ihm herausgegebene Anthologie mit Kindergedichten aus aller Welt („Ein Reigen um die Welt“) enthält zahlreiche Gedichte, die Baumann selbst übersetzte.
Am 17. Februar 2017 wurde das Erschließungsprojekt mit einer gut besuchten wissenschaftlichen Tagung unter dem Titel „Geschichten erzählen und Geschichte erzählen. Hans Baumann: Jugendbuchautor, Dichter und Übersetzer“ abgeschlossen. Neben wissenschaftlichen Beiträgen zu unterschiedlichen Aspekten von Baumanns Werk und Biografie kamen Zeitzeugen zu Wort. Zwei der Referenten erarbeiteten ihre Beiträge im Vorfeld der Tagung aus Manuskripten und Briefen aus dem Nachlass.
Anlässlich der Tagung besuchte auch ein Seminar der Universität Gießen die Internationale Jugendbibliothek, um im Lesesaal der Spezialbibliothek mit Archivalien aus dem Nachlass zu arbeiten und sie auszuwerten. In vier Gruppen untersuchten die Studierenden die Textgenese einiger Kindergedichte von Hans Baumann sowie verschiedener historischer Jugendromane wie „Der Sohn des Columbus“.
Die Archivmaterialien sind nach vorheriger Anmeldung und Bestellung im Lesesaal der Spezialbibliothek zugänglich.