Ausstellung


Über Tisch und Bänke

Wehrgang-Galerie

25.09.15 - 10.02.16

Über Tisch und Bänke
Die einzigartige Bilderwelt der Ilon Wikland

Karlsson vom Dach und Lillebror, Mio, die Kinder aus der Krachmacherstraße, Lotta, die Brüder Löwenherz, Ronja Räubertochter: Astrid Lindgrens kinderliterarische Figuren sind Ikonen der Kinderliteratur. Dass man diese Kinder als autonome, starke Persönlichkeiten vor Augen hat, dazu haben auch die Bilder beigetragen, mit denen Astrid Lindgrens Romane illustriert wurden. Sie stammen aus der Hand von Ilon Wikland, die seit 1954 die Kinderbücher von Astrid Lindgren illustrierte.

Ilon Wikland wurde 1930 in Tallin geboren und verbrachte nach der Trennung der Eltern ihre Kindheit in Haapsalu an der Westküste Estlands im Haus ihrer Großeltern. 1944 schickten die Großeltern die 14jährige Enkelin aus Furcht vor den Deportationen der Roten Armee ins schwedische Exil, wo sie von einer Tante aufgenommen wurde. Im Zeichnen fand die junge Heimatlose Zuflucht und Rettung. Nach der Schule studierte Ilon Wikland an der Kunstakademie in Stockholm und in London und arbeitet seit den 1950er Jahren als Grafikerin für verschiedene Verlage. Astrid Lindgren, seit 1945 Lektorin im Verlag Rabén & Sjögren, beauftragte die junge Wikland 1954 mit Probeillustrationen zu ihrem Kinderbuch „Mio, mein Mio“. Damit begann einen langjährige, enge und freundschaftliche Zusammenarbeit. Mit Ausnahme von „Michel als Lönneberga“ und „Pippi Langstrumpf“ illustrierte Ilon Wikland alle Kinderbücher von Astrid Lindgren, manche sogar mehrmals. Darüber hinaus arbeitete sie mit vielen weiteren Autorinnen und Autoren zusammen und schrieb später auch eigene Texte, in denen sie ihre Kindheit in Estland und die dramatische Flucht nach Schweden thematisierte.

In der Ausstellung „Über Tisch und Bänke“ sind etwa 80 Originalillustrationen von Ilon Wikland aus den 50er Jahren bis heute zu sehen, die die künstlerische Entwicklung aber auch Konstanten in der Bildsprache Ilon Wiklands zeigen. Dazu zählen die charakteristischen Kinderdarstellungen wie das wiederkehrende Motive des einsamen Kindes am Fenster oder an der Tür, tobende Kinder oder Tischszenen, die sich wie ein roter Faden durch das Werk Wiklands ziehen. Gleichzeitig zeigen die feinen, oft kolorierten Federzeichnungen, wie sich das Bild des Kindes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geändert hat. In den frühen Illustrationen mit einem durchweg einfachen zentralperspektivischen Bildaufbau wirken die Kinder brav, sind adrett angezogen und ordentlich frisiert. Seit den 70er Jahren setzt die Illustratorin verstärkt die filmischen Mittel wechselnder Perspektiven ein und zeichnet die Kinderfiguren deutlich freier.

Diese Entwicklung lässt sich besonders gut an den Illustrationen Ilon Wiklands zu Astrid Lindgrens Kinderbüchern ablesen. Ihnen ist in der Ausstellung ein Schwerpunkt gewidmet. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf den autobiographischen Bilderbüchern, die die Kindheit von Ilon Wikland in Estland vor dem Hintergrund der aufziehenden Bedrohung durch den Stalinismus und Zweiten Weltkrieg zeigen. Eine Auswahl von historischen Aufnahmen, die die tiefe Verwurzelung Ilon Wiklands Bilderwelt in den Erinnerungen an ihre Kindheit in Haapsalu deutlich machen, rundet die Ausstellung ab. Außerdem sind sämtliche Bücher, darunter auch die deutschen und schwedischen Erstausgaben von Astrid Lindgrens und Ilon Wiklands Kinderbüchern, zu sehen

Die Ausstellung „Über Tisch und Bänke“ ist von LesArt, Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur, zusammengestellt worden und wird in der Internationalen Jugendbibliothek in leicht geänderter Fassung gezeigt.

Die Illustratorin Ilon Wikland ist am 8. Dezember in München zu Gast und wird über ihre Zusammenarbeit mit Astrid Lindgren erzählen.